Im dritten Anlauf klappte nun auch der Vortrag von Wolfgang Borchert bei den Hamelner Landfrauen. Nachdem er in den Vorjahren die deutsche Geschichte mit Vorträgen und Liedern beleuchtete, folgte jetzt ein Vortrag über das Leben mit Ausländern in Deutschland, wie immer unterstützt vom LEB (Ländliche Erwachsene Bildung).

Z. Zt. leben 11,4 Millionen Ausländer bei uns; 21,9 Millionen haben einen Migrationshintergrund.Im Jahre 2021 haben 109.000 Personen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Kinder mit ausländischen Eltern die hier geboren wurden, die ganze Zeit in Deutschland aufgewachsen sind und hier die Schule besuchten, haben mit 18 Jahren die Möglichkeit die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Sie können sich zwischen der deutschen oder der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern entscheiden. Zwei Pässe zu erhalten ist aber in der Regel nicht möglich.

Es wird unterschieden zwischen Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis. Erstere gilt befristet bei Forschungsaufträgen oder Studium; ein Arbeitsplatz bzw. Studienplatz ist vorzuweisen. Außerdem kann sie bei völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen oder für nachziehende Familienangehörige erteilt werden. Die Niederlassungserlaubnis ist unbefristet und setzt folgende Voraussetzungen voraus: mindestens 5 Jahre Aufenthaltserlaubnis, gesicherten Unterhalt, ausreichenden Wohnraum, Altersvorsorge, ausreichende Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, keine begangenen Straftaten und das Kennen der deutschen Gesellschafts- und Rechtsordnung. Letztere wird überprüft mit einem Katalog von 300 Fragen, der selbst Deutsche bei der einen oder anderen Frage ins Grübeln bringt. Gleiches gilt für den Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft, allerdings ist hier eine Mindestaufenthaltsdauer von 8 Jahren nötig. Bürger der EU (außer Rumänen und Bulgaren) dürfen ihren Aufenthalt innerhalb der EU frei wählen. Die Heirat mit einer/m Deutschen erlaubt einen Aufenthalt von zuvor einem Jahr (w/möglicher Scheinehen), danach entscheidet sich, ob ein unbefristeter Aufenthalt oder eine erneute Prüfung nach drei Jahren erfolgt. Mit der Geburt eines Kindes wird das dauerhafte Aufenthaltsrecht erlangt.

Die Entwicklung des Ausländeranteils in Deutschland wurde ebenfalls betrachtet. In den frühen 60er Jahren wurden viele Gastarbeiter eingeladen, bedingt durch das Wirtschaftswunder und die durch den Mauerbau plötzlich fehlenden Arbeitskräfte. Es kamen Männer aus Italien, Spanien, Portugal, später aus Griechenland, Jugoslawien und der Türkei. Die Familien blieben zuvor in den Heimatländern zurück. Um nach den vielen Fakten und Zahlen etwas Auflockerung zu erzielen spielte Herr Borchert das allseits bekannte Lied „Zwei kleine Italiener“ von Cornelia Froboes. Das Lied „Tonio Schiavo“ von dem Liedermacher Franz-Josef Degenhardt beschrieb dagegen das realistische Leben der Gastarbeiter in Deutschland. Festzustellen ist, dass der Anteil der Arbeitskräfte in all den Jahren nahezu gleich geblieben. Die Steigerung kommt neben den nachziehenden Familienmitgliedern auch durch den Zuzug der Russlanddeutschen in den 90er Jahren und natürlich dem Flüchtlingszuzug 2015.

Es wurden die Ausländer-Anteile in den einzelnen Bundesländern, in den Großstädten und die Anteile der verschiedenen eingereisten Staatsbürger aufgezeigt. Tendenziell nimmt der Anteil der Türken ab, während der Zuzug von Afrikanern steigt. Ebenso war das Verhältnis bei Mischehen war interessant.

Nach dem Vortrag wurde Herr Borchardt mit großem Applaus und einem kleinen Geschenk von der 1. Vorsitzenden Frau Petra Hilty verabschiedet. Mit vielen neuen Erkenntnissen endete der Nachmittag für die Hamelner Landfrauen.